Häufig ist in Urteilen vom Anscheinsbeweis die Rede. Vielfach wird er auch als Beweis des ersten Anscheins bezeichnet oder lateinisch Prima-facie-Beweis genannt. Grundsätzlich ist der Anscheinsbeweis eine Methode der mittelbaren Beweisführung.
Der Anscheinsbeweis erlaubt, dass aus Erfahrungsgrundsätzen Schlüsse auf das Verschulden gezogen werden können. Das bedeutet, dass bei typischen Geschehensabläufen und Ereignissen, wie sie tagtäglich im immer dichter werdenden Straßenverkehr vorkommen, Rückschlüsse auf bestimmte Verhaltensabläufe gezogen werden können. Dies gilt sowohl für die Ursachenzusammenhänge als auch hinsichtlich des Verschuldens. Gerade bei der Haftungsabwägung bei Verkehrsunfällen zwischen zwei Kraftfahrzeugen spielt der Beweis des ersten Anscheins eine erhebliche Rolle. Typische Beispiele des Anscheinsbeweises sind u.a. das Auffahren auf einen stehenden Pkw, der Unfall beim Fahrspurwechsel sowie der Unfall mit dem vom Fahrbahnrand anfahrenden Fahrzeug. Der Anscheinsbeweis spricht gegen den Auffahrenden, der Anscheinsbeweis spricht gegen den Spurwechsler und gegen den Anfahrenden. Das sind nur einige Beispiele. Allerdings kann der Anscheinsbeweis erschüttert werden, wenn Tatsachen vorgetragen und bewiesen werden, die die Möglichkeit eines anderen, atypischen Geschehensablaufes begründen.